Eisvogel
Alcedo atthis
"Einen der prachtvollsten, durch Sagen und Märchen vielfach verherrlichten Vogel unseres Erdteiles zu Liebe hat eine zahlreiche, etwa hundertfünfundzwanzig Arten zählende Familie den sehr unpassenden Namen Eisvögel erhalten; denn die bei weitem größte Anzahl der hierher zu zählenden Leichtschnäbler lebt in dem warmen Gürtel der Erde und weiß nichts vom Eis und Winter."
"Bei uns zu Lande sieht man den prachtvollen Vogel überall, immer aber nur einzeln. Er fällt wegen seines schönen Gefieders ebenso auf als wegen seiner sonderbaren Lebensweise und ist deshalb wohl bekannt, obgleich seinerseits bemüht, den Blicken des Menschen möglichst sich zu entziehen. Am liebsten bewohnt er kleine Flüsse und Bäche mit klarem Wasser, und ihnen zu Liebe steigt er auch hoch im Gebirge empor [...]. An trüben Gewässern fehlt er meist, wenn auch nicht immer. Flüsse oder Bäche, welche durch Wälder fließen oder wenigstens an beiden Ufern mit Weidicht bestanden sind, bieten ihm Aufenthaltsorte, wie sie vor allen leiden mag, und wenn sie so viel Fall haben, daß sie im Winter wenigstens nicht überall zufrieren, verweilt er an ihnen auch in dieser schweren Zeit. Sind die Verhältnisse nicht so günstig, so muß er sich wohl oder übel zum Wandern bequemen, und gelegentlich dieser Wanderungen eben fliegt er bis nach Nordafrika hinüber.
Gewöhnlich sieht man ihn nur, während er pfeilschnell über den Wasserspiegel dahineilt; denn der, welcher ihn im Sitzen auffinden will , muß schon ein Kundiger sein."
Auszug aus: Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs. Große Ausgabe. Zweite umgearbeitete und vermehrte Auflage. Zweite Abteilung - Vögel. Erster Band. Leipzig. Verlag des Bibliographischen Instituts. 1878 (S. 292 ff.)